06. Juni 2014 Freitag (A)
So langsam gehen mir die saudischen Geduldproben auf den Senkel.
Trotz ausgesprochen gründlicher Vorbereitung lässt meine Registrierung beim Council of Engineers (was immer das zu bedeuten hat) erheblich auf sich warten. Zuerst waren die hochgeladenen Dokumente zu groß (max. 512 MByte pro upload), dann fehlte eine Berechtigung, dass diese Behörde aus meinen Dokumenten auch Papierflieger machen darf. Dann muß man von einem saudischen Girokonto 500 SAR online überweisen – ein Konto kann man aber nur einrichten, wenn man eine Arbeitsgenehmigung (IKAMA) hat. Voraussetzung zur Beantragung eines IKAMAS ist die Registrierung beim Council of Engineers. Circulus vitiosus, wie mein verehrter alter Chef immer pflegte zu sagen – Circulus arabicus wäre auch treffend.
Ich hätte halt doch Bäcker werden sollen.
Dank Hishams Hilfe und meines Bargelds hat dann alles geklappt. Jetzt liegt alles ordungsgemäß beim Behördenleiter – und reift.
So, genug des Frustes, es gibt ja noch die netten Kollegen und Kunden, die hier das Leben im Königreich wirklich ausgesprochen erträglich gestalten.
… ja – und so ging es auf Dienstreise vom 03.06. – 05.06. nach Yanbu in die Westprovinz.
Jeder, der Lawrenz von Arabien gesehen hat, weiß natürlich, dass Yanbu eine wunderschöne Kleinstadt am Roten Meer ist.
Mit der „Ryan-Air“ Saudi Arabiens, der „flynas“ sollte es für 700 SAR von Dammam nach Yanbu (und natürlich zurück) gehen. Die Kollegen lästerten schon: „Jeder Platz ein Fensterplatz“ oder etwa: „‚Die haben die erfahrensten Piloten in Middle East, keiner unter 75 Jahre“. Überraschend weit gefehlt. flynas bot sowohl für den Hinflug, wie auch den Rückflug eine nigelnagelneuen Airbus 320 mit äusserst komfortablen Sitzen in der Chicken-Class (Economy) an. Es war ein echtes Vergnügen – nur die Getränke mussten wir selber bezahlen – naja, geht schon, gibt eh nur Limo.
Flug – einmal quer durch Saudi Arabien
Der Flug nach Yanbu war nicht nur sehr angenehm, sondern es gab auch viel zu sehen. Da Harald mir seinen Fensterplatz überließ, konnte ich die wunderschöne Wüstenlandschaft beobachten.
Der Ausblick war schon grandios.
Nach zwei Stunden Flug landeten wir in Yanbu, der Industriemetropole in der westlichen Provinz. Am Ausgang des Flughafens wartete eigentlich ein Bus, der uns zu unserem Hotel hätte bringen können – wenn wir nur gewollt hätten.
Wir stürzten uns in das Abenteuer einer eigen-verhandelten Taxifahrt mit einem freundlichen und zahnlückenbehafteten Araber.
Taxi in Yanbu – 46 Grad – und das Gebiss sitzt
Die Fahrt vom Flughafen war schon abenteuerlich – vor allem, weil Harald dem armen Kerl immer wieder ins Lenkrad fassen wollte. Der Fahrer bretterte mit in wahrsten Sinne des Wortes atemberaubender Geschwindigkeit über die recht guten aber mit vielen Schwellen und Kreiseln übersäten Straßen. Die Antwort des Fahrers, ob er nicht etwas langsamer fahren könne, war: Für 100 SAR könne er sehr wohl langsamer fahren – wir hatten ihn auf 80 SAR runtergehandelt, Shit happens.
Über die Kundenbesuche werde ich in unserem Blog nichts berichten – nur so viel, die Erkenntnis beim Kunden, dass es sogar Mitarbeiter meiner Firma gäbe, die sich in die Westprovinz verirrten – war schon peinlich. Wir wurden in allen Werken aufs Freundlichste und Herzlichste begrüßt und die Gespräche waren richtig richtig gut.
Damit ihr wisst, womit ich mich hier in Saudi Arabien beschäftige, ein kleiner fotografischer Ausschnitt:
Diese Anlagen gehören zu den sich Kilometer-weit hinziehenden Produktionsstätten meines Kunden.
Am Abend des ersten Kundenbesuchstages nahm uns ein lokaler Kollege mit in das alte Zentrum von Yanbu, seiner Heimatstadt. Hier wird ausgesprochen viel renoviert und wieder „hergerichtet“, zum überwiegenden Teil mit alt-hergebrachten Materialien und Methoden.
Wir konnten einem Steinmetz zuschauen, wie er aus Natursteinen quaderförmige Steine für den Hausbau herstellte. Früher wurden die Stein mit der Hand behauen, jetzt nimmt man eine überdimensionale Steinsäge.
Eine schon recht staubige Angelegenheit, und wir mit unseren dunklen Business-Anzügen und Konfirmandenschuhen
Das Augenmaß, das diese gute Mann haben musste war schon beeindruckend.
Auf dem Rückweg zum Auto ging es noch über den Markt – eine sehr anrüchige Geschichte:
Die Fischhalle mit den mehr oder weniger frischen Fischen aus dem Rotem Meer war schon eine echte Attraktion – auch vom Geruch her.
Aber auf dem Markt wurden nicht nur Fische verkauft, sondern auch allerlei Frischeres
Die Früchte haben die 46 Grad besser überstanden als die Fische.
Leider ging diese Dienstreise schneller vorbei als wir es uns wünschten – mit guten Kundengesprächen, hochkompetenten lokalen Kollegen und vor allem mit vielen neuen Eindrücken. Al-hamdu lillah (bitte googeln)
Versprochen habe ich, dass ich regelmäßig wiederkomme – aber wie sagt der wohlerzogene Araber: Inschallah (auch googeln)
Bis zum nächsten Mal – Yanbu
… ach ja, ich hatte es doch fast vergessen:
Hier an der Westküste gibt es eine einzígartige kulinarische Köstlichkeit, die von hier aus in ganz Saudi Arabien transportiert wird, immer von Privatpersonen mit dem Auto oder Flugzeug. Davon konnten wir uns beim Rückflug selbst überzeugen. ;-)))
– Frischen Fisch aus dem Roten Meer – nein
– Frische Meeresfrüchte aus dem Roten Meer – nö
– Frische oder eingezuckerte Datteln vom grünen Gürtel an der Westküste – weit gefehlt
– …
Es ist … tätärätä …
Al-Baik – Dafür sterben die Menschen hier
In der Tat, ein lokaler Westprovinz-Fastfood- Hühnertod. Der Eigentümer hat sich wohl mit dem Gouverneur der Ostprovinzen angelegt und deshalb keine Lizenz für den Osten bekommten So transportieren die Menschen hier das Fastfood-Hähnchen durch das ganze Land.
Es schmeckt ausgezeichnet – very spicy – aber dass man dafür den ganzen Flieger zu einer geruchsintensiven Frittenbude machen muss – ich weiß nicht. Wir hatten die Chance, es an unserem Ankunftsabend probieren zu können. Unser lokaler Kollege ließ es sich nicht nehmen, und in diese Leckereine einzuführen. War echt lecker, ich habe aber noch nie einen so völlig überfüllten Schnellimbiß erlebt. Wir haben dann draußen unter freiem Himmel im Park gegessen.