16. Januar 2015 Freitag (A)
Ja ja, so langsam komme in richtig in Verzug mit der Aufarbeitung aller Erlebnisse, die uns hier in Saudi immer wieder ueberraschen.
Am Freitag sind wir in den Nordwesten von Jubail gefahren um eigentlich das „Nairyah Spring Festival“ zu besuchen.
Dann habe ich einen Fehler begangen und habe meinem Hisham davon erzaehlt. Bedenklich den Kopf wiegend, was denn ein saudi-unerfahrener Grünschnabel in einem derart abgelegenem Gebiet wolle, schlug er vor, einen gemeinsamen Bekannten anzurufen, der aus dieser Gegend komme, dort bei Ma’aden arbeite und vor allem eine Farm habe, die wir uns ja auch noch anschauen könnten.
Gesagt, getan.
Ayed war natürlich hochbegeistert, mich wiederzusehen und schwupdiwups waren wir inmitten des saudischen Klüngels eingetaucht.
Ich glaube, ich erspare Euch die Beschreibung der saudischen Sanitäreinrichtungen an den Autobahnen. (Nur für Insider: Tettenborns Plumsklo dagegen war eine echte Hightech-Errungenschaft westlicher Sanitärhygiene und die Toiletten am Zeltplatz im Lauenberger Steinbruch gehörten schon zur 5-Sterne Premium-Klasse :Ende für Insider)
Also führte uns unser Weg zuerst in Richtung Jubail um im Karan-Hotel einen Kaffee zu trinken und sich noch einmal richtig die Hände zu waschen (so heisst das hier in Saudi, wenn man mal muessen muss). Von Jubail aus ging es weiter über den gut ausgebauten Highway 95 in Richtung Kuwait. Eigentlich hatten wir gedacht, der Highway 85, auf den wir dann abbogen hätte eine ähnlich gute Qualität, aber weit gefehlt. Zweispurig ohne sichere Trennung der Gegenfahrbahn durch einen Zaun – wie sonst üblich – ging es weitere 70 km in Richtung Nairyah, eine saudische Kleinstadt in the middle of nowhere (wenn wir das nur gewusst hätten). In Nairyah kurz einen Schnellimbiss aufgesucht, einen saudischen Hamburger reingepfiffen und dann Ayed angerufen. Da das Festivalgelände erst gegen 15:00 Uhr öffnete, eine gute Gelegenheit, der Einladung auf die Kamelfarm von Ayeds Familie in Al-Sarar zu folgen.
Wir trafen uns am Festivalgelände und fuhren zu Ayeds Haus. Er deutet an: „Es dauert nur 5 Minuten, um seine Familie in das Auto zu laden und wir könnten ruhig im auto warten“. Nach einer geschlagenen halben Stunden kam Ayed mit Frau, 3 Kindern und Nanny, lud die Bande in Auto und schon konnte es losgehen,
Nun lag Al-Sarar ca. 40 km südlich von Nairyah. Die Straßenverbindung dorthin war eine Dorfstraße ohne Randbefestigung, zum Teil mit Sand zugeweht oder Sandpisten (Ayed kannte tolle Abkürzungen). Unser guter Lexus leistete uns hier treue Dienste geleistet. Ayed war ein guter Fahrer – seine Überholmanöver von langsameren Autos, Bussen und Trucks hatte er sich bestimmt auf der Ralley Paris-Dakkar im Fernsehen abgeguckt. Ich hatte Mühe, risikolos hinterherzukommen.
… aber die Mühe hatte sich gelohnt. Freundlich wurden wir von Ayeds Onkel Abdulaziz in Empfang genommen und stolz führte er uns seine Prachtstücke vor.
Abdulaziz arbeitet übrigens auch bei Ma’aden als Ingenieur und hat sein Kamelfarm als Hobby. Knapp 300 dieser Tiere als Haustiere zu haben ist schon echt krass. Diese Kamele werden nicht verkauft oder geschlachtet sondern dienen ausschließlich dem Vergnügen und der Erhaltung der Tradition. Verkauft wird nur die überschüssige Milch, um die 35 Farmarbeiter und die laufenden Futterkosten zu bezahlen.
Die Kamele waren übrigens nicht unbedingt Susannes Ding – zu groß und zu schmutzig.
Danach ging es noch auf die Dattelplantage. Als es schon anfing zu dämmern, wurden wir gnädigerweise aus den Familienbanden entlassen und machten uns – diesmal allein – auf den Rückweg nach Nairyah. Als wir dort ankamen war es schon stockfinster. Leider gab es hier kein Kayan Hotel zum Händewaschen und die Sanitäreinrichtungen der lokalen Fastfoodketten luden genausowenig zum Verweilen ein, wie die Autobahnraststätten.
Also, Fuß aufs Gas und ab nach Hause. Das Nairyah-Spring-Festival werden wir uns wohl nächstes Jahr anschauen.
Alles in allem war es ein tolles Erlebnis und wir durften die großzügige arabische Gastfreundschaft kennenlernen. Eines haben wir allerdings gelernt: das Wichtigste bei derartigen Ausflügen in die Pampa sind exzellente Kenntnisse der lokalen Sanitärstruktur- ansonsten wird aus einem schönen Erlebnis ein echter Alptraum.